Bücherverbrennung

Ein feministischer Rundgang mit Gäst*innen

120 uniformierte NS-Studentinnen nahmen laut dem Westdeutschen Beobachter vom 18. Mai 1933 bei den Bücherverbrennungen vor der damaligen Universität teil.  Verbrannt wurden am 17. Mai Bücher  jüdischer, marxistischer, pazifistischer und sonstwie oppositioneller  Autorinnen und Autoren und Kulturschaffender. Die Aktion fand in nahezu allen Universitätsstädten nur wenige Wochen nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialist:innen statt, markiert einen Beginn der Unterdrückung von Litetaur und Kultur. 

An verschiedenen Stationen wie dem Wohnort von Irmgard Keun, dem Studienort von Anna Seghers, im Friedenspark und am Fort I erinnern wir an Schriftstellerinnen, Pazifistinnen und ihre Texte sowie an den Sexualforscher Magnus Hirschfeld, der Bertha Buttgereit ein (Trans-)Leben als Berthold Buttgereit ermöglichte.  Weitere Aspekte des Rundgangs sind Rosa Luxemburgs Gefängnisbriefe und aktuelle Texte verfolgter Lyrikerinnen.

Die literarischen Texte werden von unseren Gästen vorgetragen: Renate Fuhrmann, Klaus Nierhoff und Doris Plenert.

Gästeführerinnen: Irene Franken, Ina Hoerner

Dauer: Vermutlich  1 1/2 bis 2 Stunden
Kosten: gratis

Treffpunkt: Trajanstr. 10

Uhrzeit: 17.30 Uhr

Mit Unterstützung der

Zollstock – die verborgene Geschichte der Frauen entdecken

Der Umzug des Frauengeschichtsvereins rückt einen weniger bekannten Stadtteil in unser Blickfeld. Auf unserem neuesten Rundgang begegnen Sie ukrainischen Zwangsarbeiterinnen, konträren Erinnerungen an das Leben im Hochbunker, Firmengeschichten und hören von einer Frau aus dem NS-Widerstand. Sie erfahren etwas über die Entwicklung der „weiblichen“
Wohlfahrtspflege zur Sozialarbeit und sehen eine Bauhaussiedlung, in der 1930 ein
„Berufsfrauenhaus“ realisiert wurde.

Zwei Straßenschilder und eine Gedenktafel würdigen eine Schirmnäherin, die CDU-Politikerin wurde, eine einflussreiche Herrscherin des Mittelalters und die bedeutendste Gründerin und Förderin von Kölner Frauenvereinen, Else Falk.
Gästeführerin: Ina Hoerner
Uhrzeit: 14:00 Uhr
Kosten: 12 €
Treffpunkt: Vor dem neuen Vereinslokal des Frauengeschichtsvereins, Höninger Weg 100 A

Der Kampf für Demokratie und Frauenrechte

Erst verpennt, dann vehement:  „Rechte werden erkämpft und nicht geschenkt“

Spätestens seit den Klubs der französischen Revolutionärinnen und dem Marsch der Frauen nach Versailles, um den König nach Paris zu zwingen sind Frauen als Kollektiv an politischen Diskursen und Kämpfen beteiligt. Olympe des Gouges wurde sogar 1794 für ihr Manifest “Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin” hingerichtet. Was trugen Frauen in Köln und anderswo zur Gewinnung demokratischer Rechte bei?

 Wir stellen vor: die Vorkämpferin für Frauenrechte, Pressefreiheit und kostenfreie Schulbidung Mathilde Franziska Anneke; den ersten nichtkonfessionellen  / nichtnationalistischen Frauenverein; eine Expertin für Sozialrecht, die ihr eigenes Referat nicht halten durfte; die konservative Kämpferin für das Frauenwahlrecht Mathilde von Mevissen. Wir stellen die Frauenausschüsse von 1945 vor und das Verhältnis der Neuen Frauenbewegung zu den politischen Parteien. Abschließend werden die erste kommunale Gleichstellungsbeauftragte der Bundesrepublik, Lie Selter, gewürdigt und die Aussagen rückwärtsgewandter Parteien zum Frauenbild vorgestellt. 

Gästeführerin: Ina Hoerner

Dauer: ca. 2 Stunden

Kosten: 12 €

Treffpunkt: 14:00 Hermann-Josef-Brunnen, Severinstrasse /Ecke Mühlenbach  (KVB-Haltestelle: Waidmarkt oder Heumarkt)

Ina Hoerner

Vorstand/Gästeführerin

  • Mitbegründerin des Kölner Frauengeschichtsvereins 1986
  • Vorstand im Förderverin Freunde und Freundinnen des Kölner Frauengeschichtsverein
  • 40 Jahre hauptberufliche Arbeit in einem Kölner Weiterbildungskolleg (Geschichte, Deutsch, Psychologie)
  • seit 2016 aktiv für den Verein und im Vorstand tätig: Chronik, Recherche, Stadtführungen und Vorträge
  • Themen: Schriftstellerinnen in Köln, Mathilde und Fritz Anneke, Frauen um Marx, Marx in Köln, Rosa Luxemburg, 1968, Neue Frauenbewegung

„Ja, die Weiber sind gefährlich!“ – Schriftstellerinnen

Der Weg schreibender Frauen in die Öffentlichkeit widersprach den traditionellen Rollenerwartungen, erforderte Leidenschaft und Mut, insbesondere bei gesellschaftskritischen Sujets. Auf unserem virtuellen literarischen Gang durch die südliche Altstadt bis zum Dom begegnen wir Schriftstellerinnen aus 200 Jahren, in Biografien und Texten verschiedener Genres: eine 1848er Revolutionärin, eine ins Exil vertriebene Dada-Literatin, eine jüdische Lyrikerin, eine vor Khomeinis Regime Geflüchtete, eine junge Queer-Feministin und andere.

Referentin:  Ina Hoerner

Dauer: ca. 75 Minuten

Kosten: 12 €

Start: Marienplatz 

Termin: Auf Anfrage

Zollstock entdecken

9. September 2023 @ 14:00

… und die verborgene Frauengeschichte

Auf unserem Spaziergang begegnen wir Spuren ehemaliger ukrainischer Zwangsarbeiterinnen, konträren Erinnerungen an das Leben im Hochbunker und einer Frau aus dem NS-Widerstand. Es geht um die Entwicklung der „weiblichen“ Wohlfahrtspflege zur Sozialarbeit und um eine Bauhaussiedlung, in der 1930 ein „Berufsfrauenhaus“ realisiert wurde. Wir hören von einer Lokalpolitikerin und einer großen Persönlichkeit der „alten“ Frauenbewegung.
Gästeführerin: Ina Hoerner

Anmeldung/Vorverkauf erforderlich!

12€ Kosten

Januar 2020 – Annette Kuhn

Die Historikerin Annette Kuhn, eine bedeutende Pionierin der Frauengeschichtsforschung in Deutschland, verstarb am 29. November 2019 in Bonn.

Am 22. Mai 1934 als Tochter jüdischer Eltern in Berlin geboren, evangelisch getauft, bleibt sie zeitlebens ohne Geburtsurkunde. Die jüdische Herkunft der Familie, Grund für die Flucht ins amerikanische Exil, verschweigen Annette Kuhns Eltern systematisch. Sie wächst in bürgerlich-privilegiertem Milieu mit dieser Lebenslüge auf und erfährt die Wahrheit erst im Nachlass der Mutter und schreibt über das Problem in ihrer im Berliner Aufbau-Verlag erschienenen Autobiografie „Ich trage einen goldenen Stern – Ein Frauenleben in Deutschland“ (2003).

Die Familie kehrt 1949 nach Deutschland zurück. Acht Jahre später konvertieren sie zum Katholizismus. Die Sprechtabus bleiben. Nach Studium in München und Promotion über Hegel wird Annette Kuhn mit knapp 30 Dozentin und dann Professorin für Didaktik der Geschichte an der Universität Bonn. Zur Zeit der Studentenbewegung steht sie qua Amt ‘auf der anderen Seite’, agiert aber als moderate Verhandlungspartnerin. Ende der siebziger Jahre nimmt Kuhn politische Ziele und Forderungen der Neuen Frauenbewegung auf. Als Historiker wie Joachim Fest zu Unrecht behaupteten, Frauen hätten Hitler an die Macht gebracht, fokussierte Kuhn zunächst auf die Opferrolle von Frauen im NS. Sie forderte damit heraus, dass sich Historikerinnen auch mit Täterinnenschaft befassen.

An der Uni entwickelt Kuhn die Disziplin der Frauengeschichte, baut eine wissenschaftliche Bibliothek auf und setzt durch, dass ihr Lehrstuhl um das Gebiet Frauengeschichte erweitert wird. Die männlichen Kollegen führen einen zermürbenden, formal-juristischen Kampf gegen Kuhn, betreiben ihren Ausschluss aus dem Prüfungsausschuss, da die Herren ihre patriarchale Sicht auf die Geschichte als einzige und objektive bedroht sehen.

Mit Valentine Rothe und anderen Herausgeberinnen gibt Annette Kuhn neben ihrer Lehrtätigkeit u.a. eine umfassende didaktische Reihe, Quellenbände zu NS – und Nachkriegszeit sowie das Nachschlagewerk „Chronik der Frauen“ heraus. Es folgen eine Ausstellung im Bonner Frauenmuseum und die Gründung von „metis. Zeitschrift für historische Frauenforschung und feministische Praxis.“

Nach Kuhns Emeritierung wird der frauengeschichtliche Lehrstuhl aufgelöst, wogegen sich – vergeblicher – Frauenprotest erhebt.

Mit anderen Frauen zusammen gründet sie 2001 einen Verein, die  Annette-Kuhn-Stiftung zur Förderung frauenhistorischer Forschung und Bildung und eröffnet dann 2012 das „Haus der Frauengeschichte“ in der Bonner Altstadt, das von jungen Historikerinnen betrieben wird. Im Garten liegen Gedenksteine für die im KZ Ravensbrück ermordeten Frauen.

Mit 80 Jahren zieht sich Annette Kuhn langsam aus der aktiven Arbeit zurück. In die Diskurse nach der Jahrtausendwende über neue Feminismen, Intersektionalität, postkoloniale Studien und Critical Whiteness ist sie im Haus der Frauengeschichte eingebunden, aber schreibt sich nicht mehr selbst in sie ein. Anlässlich ihres 85. Geburtstags wird sie vom Team des Hauses der Frauengeschichte in kleiner Öffentlichkeit gefeiert.

Am 29.11.2019 stirbt Annette Kuhn nach schwerer Krankheit in Bonn. 

Aufgefallen ist mir, dass Annette Kuhn, wie viele Frauen vor ihr, strikt zwischen ihrem privaten und ihrem öffentlichen Leben getrennt hat. Sie stellte sich, wie sie schreibt, nie durch Heirat „unter die Obhut eines Mannes“. In ihren Beziehungen mit Frauen entsprach sie „dem Bild des unpraktischen Professors“ und nahm in klassischer Arbeitsteilung die Versorgungsleistungen ihrer Partnerin dankbar in Anspruch. Über ihre sexuelle Orientierung als Lesbe sprach und schrieb sie nicht direkt: Sie hielt dies für eine reine Privatangelegenheit, die Andere nichts angeht und daher keiner „Bekenntnisse“ bedarf. Kuhns Biografin Barbara Degen schreibt, dieses Schweigen erinnere sie an das Schweigen der Eltern zum Jüdischsein. 

Der Kölner Frauengeschichtsverein wird Annette Kuhn und ihr Werk in Erinnerung halten.

© Ina Hoerner